|
Berlin, den 16. 08. 2005
Am 16. August 2005 wurde im Berliner Kanzleramt der soeben
erschienene Band 1937 der Edition „Akten der Reichskanzlei. Regierung
Hitler 1933–1945“ präsentiert. Damit liegt der vierte Band einer
Editionsreihe vor, welche die mit 23 Bänden abgeschlossene Serie „Akten der
Reichskanzlei. Weimarer Republik“ fortführt. Wie Ministerialdirektor Dr.
Knut Nevermann ausführte, zählen die „Akten der Reichskanzlei“ zu den
umfangreichsten und renommiertesten zeitgeschichtlichen Editionsvorhaben.
Gemeinsame Herausgeber sind die Historische Kommission bei der Bayerischen
Akademie der Wissenschaften und das Bundesarchiv.
Digitalisat aus einer Akte
... und die dazugehörige Edition
Die Edition erschließt zentrale Aspekte der inneren Entwicklung des
Dritten Reiches und dokumentiert das Regierungshandeln in der Verflechtung
aller bedeutsamen Sachbereiche. Der neue Band zum Jahr 1937, wiederum
bearbeitet von Friedrich Hartmannsgruber (Koblenz), wurde von Prof. Dr. Hans
Günter Hockerts, Universität München, vorgestellt. Aus dem vorletzten
„Friedensjahr“ des Regimes versammelt der Band 208 aufwendig kommentierte
Quellenstücke, welche die Vorbereitung des aggressiven Ausgreifens über die
Grenzen Deutschlands klar erkennen lassen. Die Edition weist aber auch über
550 Einzelentscheidungen Hitlers nach, die der Chef der Reichskanzlei,
Staatssekretär Hans-Heinrich Lammers, während dieses Zeitraums erwirkte und
weitergab – von der Zwangssterilisation mehrerer hundert farbiger
Jugendlicher und dem Verbot an die in Nordchina lebenden jüdischen
Deutschen, im chinesisch-japanischen Konflikt zu ihrem Schutz die
Reichsflagge zeigen zu dürfen, bis zum Ankauf einzelner Kunstgemälde
Neben dem zentralen Fonds der Reichskanzlei-Akten sind auch die
Überlieferungen der Reichsministerien herangezogen und ausgewertet wurden.
So entfaltet sich plastisch und doch differenziert die politische und
administrative Agenda der Berliner Ministerien; staatliche
Entscheidungsprozesse werden transparent und die eigentlichen Ziele treten
hervor, die das Regime mitunter hinter den dürren Buchstaben der Gesetze
und Erlasse versteckte.
Es wird beispielsweise deutlich, auf wie brüchigem Eis der Wirtschaftsboom(好景気) und die rasch erreichte Vollbeschäftigung(完全雇用) standen. Die überhitzte Rüstungskonjunktur(加熱した軍需景気) war schuldenfinanziert(国家負債による軍需資金調達), die dürftige Versorgung mit Konsumgütern verteuerte die Lebenshaltung. Im Reichsetat klaffte ein Riesendefizit.(国家財政の巨額の赤字) Die hohen Beitragssätze zur Arbeitslosenversicherung aus der Zeit
der Wirtschaftskrise hielt man aufrecht, leitete die Überschüsse
aber direkt dem defizitären Reichshaushalt zu.
Die Privatwirtschaft unterlag zunehmend dem Diktat des Vierjahresplans.
Der Rohstoffmangel zwang zur Ausbeutung unrentabler Erzlager und zum Übergang
auf teure Ersatzstoffe. (原料不足は、品質の悪い鉱山の開発を余儀なくさせ、または高価な代替原料の利用へと強制)
Dennoch ließ die Devisenknappheit(外貨不足) um die Versorgung der Industrie, ja selbst um den notwendigen Vorrat an
Grundnahrungsmitteln fürchten. Nicht zufällig enthüllte Hitler im November 1937 seinen Vorsatz,
durch einen Raubzug solcher Probleme Herr zu werden. In den Ressorts entstanden Pläne zur weiteren Verschärfung der
Judenverfolgung. Der Absolutheitsanspruch der NS-„Weltanschauung“
prallte mit dem Selbstbehauptungswillen der christlichen Kirchen in diesem
Jahr so heftig aneinander wie noch nie zuvor.
Kontakt: Anke Löbnitz
Telefon: 01888 7770 102
Email: a.loebnitz@barch.bund.de
|