ドイツ占領地からユダヤ人を追放する理由としたもの・・・「敵と同じ」、「抵抗、敗北主義を撒き散らす」など。

 1942年からハイドリヒが、「疎開」を実行。

    SEYSS-INQUART: Andere Wagen haben wir damals selbst nicht mehr gehabt. Ich möchte noch darauf verweisen, daß ich auch niederländische Arbeiter aufgerufen habe, um die mir vom Führer aufgetragenen Ausbauten der Widerstandslinien östlich der Yssel durchzuführen. Ich habe von den Transporten, die von Rotterdam und so weiter kamen, einen Teil dafür abgezweigt und dadurch verhindert, daß diese Leute ins Reich hinausgebracht wurden. Auf die Behandlung im Reich hatte ich keinen Einfluß, ich habe nur den weiteren Transport in den Gau Essen verboten, weil mir gemeldet wurde, daß im Lager Rees die Behandlung eine sehr schlechte sein soll, daß einige Niederländer gestorben waren.

 

DR. STEINBAUER: Ich komme nun zum nächsten Kapitel der Anklage, das heißt zur Judenfrage. Im niederländischen Regierungsbericht, US-195, ist eine Zusammenstellung aller Verordnungen von der Anklagebehörde vorgelegt worden. Ich möchte zur Gedächtnishilfe diese Urkunde 1726 meinem Klienten zur Einsichtnahme geben, damit er sich an die Gesetze erinnert. Es liegt schon dem Gericht vor.

    Was haben Sie als Reichskommissar in der Judenfrage veranlaßt?

 

SEYSS-INQUART: Als ich die Funktion des Reichskommissars übernahm, war es mir natürlich klar, daß ich irgendwie auch Stellung nehmen muß und Maßnahmen werde treffen müssen rücksichtlich der in den Niederlanden befindlichen Juden. Amsterdam ist ja in Westeuropa vielleicht der bekannteste, einer der ältesten Sitze jüdischer Gemeinden. Dazu kam, daß in den Niederlanden sehr viele deutsche jüdische Emigranten waren. Ich will ganz offen sagen, daß ich aus dem ersten Weltkrieg und aus der Nachkriegszeit heraus als ein Antisemit nach Holland gegangen bin. Ich brauche das hier nicht weiter ausführen, ich habe das alles in meinen Reden gesagt, und ich darf dann darauf verweisen. Ich hatte den Eindruck - der wird mir überall bestätigt werden -, daß die Juden natürlich gegen das nationalsozialistische Deutschland sein müssen. Eine Schuldfrage war für mich nicht zu erörtern, sondern ich mußte als Chef eines besetzten Gebietes nur mit der Tatsache rechnen. Ich mußte mir sagen, daß ich aus den jüdischen Kreisen besonders mit Widerstand, Defaitismus und so weiter zu rechnen habe.

    Ich habe mit Generaloberst von Brauchitsch als Oberkommandierenden des Heeres besprochen, daß ich in den Niederlanden die Juden aus den führenden Stellungen der Wirtschaft, Presse und dann weiter aus den Staatsstellungen entfernen werde. Auf diese Maßnahmen haben sich meine Eingriffe vom Mai 1940 bis März 1941 auch beschränkt. Die jüdischen Beamten wurden entlassen, aber mit Pension. Die jüdischen Firmen wurden registriert und die Firmenleiter entlassen. Im Frühjahr 1941 kam Heydrich zu mir in die Niederlande. Er setzte mir auseinander, daß wir damit rechnen müssen, daß der größte Widerstand aus den jüdischen Kreisen kommt, und er erklärte mir, daß man die Juden doch wenigstens so behandeln müßte wie feindliche Ausländer. Es wurden zum Beispiel die Engländer in den Niederlanden konfiniert und deren Vermögen konfisziert. Bei der großen Zahl der hier in Frage kommenden Personen, etwa 140000, war das nicht so einfach. Ich gestehe offen, daß ich mich diesem Argument Heydrichs nicht entzogen habe. Ich habe es auch für notwendig gehalten in einem Krieg, den ich absolut als einen Kampf auf Leben und Tod des deutschen Volkes betrachtet habe; ich habe daher die Registrierung der Juden in den Niederlanden im März 1941 angeordnet.

    Nun ist es Schritt für Schritt weitergegangen. Ich will nicht sagen, daß das endgültige Ergebnis, soweit es in den Niederlanden gesetzt wurde, von Haus aus beabsichtigt war, aber es wurde dieser Weg gegangen. Die Verordnungen, die hier angeführt sind, wenn sie im niederländischen Verordnungsblatt erschienen sind, sind zumeist von mir selbst unterschrieben worden, jedenfalls mit meiner ausdrücklichen Zustimmung veröffentlicht worden. Einzelmaßnahmen, die hier erwähnt sind, lagen außerhalb meines Willens. Zum Beispiel sollen im Februar 1000 Juden verhaftet und nach Buchenwald und Mauthausen gebracht worden sein. Davon weiß ich soviel: Im Amsterdamer Ghetto ist ein Nationalsozialist...

 

VORSITZENDER: Im Februar welchen Jahres?

 

SEYSS-INQUART: Im Februar 1941. Im Amsterdamer Ghetto ist ein Nationalsozialist von Juden erschlagen worden. Reichsführer Himmler hat darauf die Überführung von 400 jungen Juden nach Mauthausen befohlen. Ich befand mich damals nicht in den Niederlanden. Das war übrigens der Anlaß zum Generalstreik in Amsterdam im März 1941. Nach meiner Rückkehr nach den Niederlanden habe ich gegen diese Maßnahme protestiert und meines Wissens kam eine solche Massenverschickung nach Mauthausen nicht mehr vor.

    Es kam auch zur Verbrennung von Synagogen. Da hat offenbar jemand den Ehrgeiz des 8. November 1938 gehabt. Ich bin sofort eingeschritten. Die Fälle vermehrten sich nicht; hingegen wollte die Polizei den alten Tempel in Amsterdam niederreißen. Generalsekretär van Damm hat mich darauf aufmerksam gemacht, und ich habe das verhindert.

    Ich habe früher angedeutet, daß das Motiv der Maßnahmen in der Erwägung zu suchen ist, die Juden wie feindliche Ausländer zu behandeln. In der weiteren Durchführung wurde diese Basis bestimmt verlassen. Es war weiter nichts wie die Durchführung der Maßnahmen gegen die Juden, wie sie. eben auch im Reich vorgekommen sind. Vielleicht ist in dem, einen oder in dem anderen Fall sogar mehr geschehen; denn ich weiß, daß zum Beispiel in den Niederlanden auch eine Aktion war, die Juden zu veranlassen, sich sterilisieren zu lassen. Das Ziel, das wir hatten, war, die Juden in den Niederlanden selbst au behalten, und zwar an zwei Bezirken von Amsterdam und dann im Lager Westerborg und im Lager Vught. Wir hatten uns auch vorbereitet, hier entsprechende Arbeitsmöglichkeiten zu schaffen.

    Ich habe dem Generalsekretär für Erziehung den Auftrag gegeben, aus dem holländischen Haushalt jene Mittel für die Erziehung der Juden zur Verfügung zu stellen, die nach der Kopfquote auf die jüdische Bevölkerung entfallen. Es wird sicher sein, daß schon bei dieser Maßnahme der Konzentration der Juden auf zwei Bezirke und zwei Lager, verschiedene Härten vorgekommen sind, die vielleicht nicht zu umgehen waren, vielleicht auch schon Exzesse darstellen können.

    Schließlich verlangte die Sicherheitspolizei die Einführung des sogenannten Judensterns. Eine nicht unbeträchtliche Zahl von Juden war nicht in den Konfinierungsstellen. Die Sicherheitspolizei verlangte deren Kennzeichnung, um kontrollieren zu können, ob sich die Juden an die sonstigen Beschränkungen halten. Dieser Stern ist in den Augen der Deutschen sicherlich als eine gewisse Diffamierung anzusehen. Von den Niederländern wurde er nicht so aufgefaßt, und es hat so manche Niederländer gegeben, die aus Protest selbst so einen Stern getragen haben.

    Es dürfte im Jahre 1942 gewesen sein, als Heydrich neuerlich Forderungen stellte, und zwar kam er jetzt mit der Forderung der Evakuierung der Juden. Er begründete die Forderung damit, daß Holland über kurz oder lang Kriegsgebiet sein werde, daß man dann eine so feindselige Bevölkerung nicht im Kriegsgebiet haben dürfe. Er verwies darauf, daß er für die Sicherheit des Reiches im polizeilichen Sinne verantwortlich sei, und daß er diese Verantwortung nicht tragen könne, wenn die Juden in Holland bleiben. Ich glaube, es hat drei oder vier Monate gedauert, in denen wir in den Niederlanden gegen diese Evakuierung Stellung genommen und den Versuch gemacht haben, andere Auswege zu finden.

    Zum Schluß hat mir Heydrich einen Befehl des Führers vorlegen lassen, laut welchem er unbeschränkte Vollmachten zur Durchführung aller Maßnahmen hatte, auch in den besetzten Gebieten. Ich habe über Bormann rückgefragt, welche Bewandtnis es damit hätte, und dieser Befehl wurde mir bestätigt. Daraufhin wurde mit der Evakuierung der Juden begonnen.

    Ich habe damals versucht, mich über das Schicksal der Juden zu vergewissern, und es fällt mir etwas schwer, darüber jetzt zu Sprechen, weil es wie ein Hohn klingt. Man sagte mir, daß die Juden nach Auschwitz kommen. Ich habe veranlaßt, daß von uns aus den Niederlanden Leute nach Auschwitz geschickt werden. Dieselben kamen mit dem Bericht zurück, dort wäre ein Lager für 80000 Menschen genügend geräumig. Diesen Leuten ginge es verhältnismäßig gut; sie hätten zum Beispiel eine hundert Mann starke Musikkapelle. Als ein Zeuge hier bestätigte, daß diese Musikkapelle spielte, wenn die Opfer in Auschwitz eingetroffen sind, habe ich mich an diese Meldung erinnert.

 

VORSITZENDER: Herr Dr. Steinbauer! Sie werden wohl heute abend nicht mehr fertig werden?

 

DR. STEINBAUER: Nein.

 

VORSITZENDER: Wie lange werden Sie voraussichtlich noch brauchen?

 

DR. STEINBAUER: Ich hoffe, morgen spätestens bis zur Mittagspause fertig zu sein, vielleicht schon in

[Der Nürnberger Prozeß: Einhunderteinundfünfzigster Tag. Montag, 10. Juni 1946. Der Nürnberger Prozess, S. 19652 (vgl. NP Bd. 15, S. 722 ff.)]