ヴェルサイユ条約の不当性(不公正ungerecht)に関する法廷での議論

 

 

 

 

    Viertens: Die Anklagevertretung hat umfangreiches...

 

VORSITZENDER: Ich habe nicht die geringste Vorstellung von dem, was Sie mit dem letzten Punkt gemeint haben. Ich verstehe nicht, was Sie im letzten Punkt gesagt haben, absolut nicht.

 

DR. SEIDL: Ich wollte damit sagen, daß für den Beginn der von der Anklage behaupteten Verschwörung der Versailler Vertrag mit eine entscheidende Rolle gespielt hat, und daß die Entstehung dieses Vertrags mindestens in irgendeinem ursächlichen Zusammenhang mit der behaupteten Verschwörung steht. Bevor über Rechtswidrigkeit und über Schuld gesprochen werden kann, müssen die Tatsachen festgestellt werden, die ursächlich waren für die von der Anklage behauptete Verschwörung.

    Viertens: Die Anklagevertretung hat umfangreiches Beweismaterial vorgelegt, um die Entwicklung der NSDAP zu beweisen. Umfangreiche Dokumentenbücher wurden dem Gerichtshof übergeben, um das Anwachsen der Mitgliederstärke zu beweisen, um die Zunahme der Reichstagsmandate unter Beweis zu stellen. Wenn nun dieses Beweismaterial erheblich war, dann ist es meine Behauptung, daß auch die Umstände und die Tatsachen, die überhaupt erst diesen Aufstieg der Partei ermöglicht haben, schon aus den Gesichtspunkten des Kausalzusammenhanges heraus beweiserheblich sein müssen.

 

VORSITZENDER: Behaupten Sie, daß die von einem Journalisten nach Abfassung des Versailler Vertrags gemachte Äußerung, daß seiner Meinung nach der Vertrag von Versailles ungerecht für Deutschland wäre, entweder für die Auslegung des Vertrags oder für irgendeinen anderen Zweck, mit dem sich dieser Gerichtshof hier beschäftigt, zulässig wäre?

 

DR. SEIDL: Herr Präsident! Ich gebe zu, daß selbstverständlich die vereinzelte Meinung eines ausländischen Journalisten nicht ohne weiteres ein beweiserhebliches Dokument sein muß. Ich behaupte jedoch, daß die Meinung des Staatssekretärs Lansing über das Zustandekommen des Versailler Vertrages und sein Zusammenhang mit der Vorgeschichte dieses Vertrages von irgendeiner beweiserheblichen Bedeutung sein muß. Welcher Materialbeweiswert seiner Meinung zukommt, das ist eine Frage, welche jetzt noch nicht entschieden werden kann. Diese Frage wird der Gerichtshof erst dann entscheiden können, wenn das gesamte Beweismaterial vorliegt. Ich behaupte weiter, daß die Meinung des Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses des Senats der Vereinigten Staaten über den Versailler Vertrag, über sein Zustandekommen, über seine Auswirkungen im Rahmen der von der Anklage behaupteten Verschwörung, die sich in erster Linie gegen den Vertrag gerichtet haben soll, prima fade einen Beweiswert haben kann. Das gleiche gilt für die meisten der übrigen in diesem Dokumentenbuch zusammengestellten Äußerungen. Ich erinnere an Gustav Cassel, an John Maynard Keynes, den offiziellen Finanzberater der Britischen Regierung, und an eine Reihe anderer.

 

VORSITZENDER: Wollen Sie behaupten, daß Deutschland wegen der Bestimmungen des Versailler Vertrages oder wegen einer Verletzung dieser Bestimmungen durch die Signatarmächte das Recht hatte, einen Angriffskrieg zu unternehmen?

 

DR. SEIDL: Darauf kann ich im Zusammenhang jetzt endgültig, solange ich nicht das Beweismaterial der übrigen Angeklagten gehört habe, nicht antworten. Ich behaupte jedoch, daß aus einer Verletzung des Versailler Vertrages durch die Gegenseite unter Umständen das Deutsche Reich oder die Angeklagten das Recht zur Wiederaufrüstung ableiten konnten, und das beinhaltet ja auch schon eine Verletzung des Versailler Vertrages, die den Angeklagten zum Vorwurf gemacht wird. Was das Recht zu einem Angriffskrieg anbelangt, so möchte ich hierzu endgültige Äußerungen zurückstellen, mindestens bis zu dem Zeitpunkt,

[Der Nürnberger Prozeß: Einundneunzigster Tag. Dienstag, 26. März 1946. Der Nürnberger Prozess, S. 11421 (vgl. NP Bd. 10, S. 97 ff.)]