ren ostasiatischen Fragen gegenüber USA und England damit gelöst (Guam,
Philippinen, Borneo, Niederländisch-Indien).
Japan will den Krieg
gegen USA möglichst vermeiden, kann dies auch, wenn es entschlossen baldigst
Singapore nimmt.«
Die Japaner dachten jedoch, wie die Ereignisse bewiesen haben, darüber
anders.
Es ist erwiesen, daß Hitler am 20. April 1941 dem Vorschlag Raeders, die
Japaner zu veranlassen, die Offensive gegen Singapore zu eröffnen, zugestimmt
hat. Ich beziehe mich wiederum auf Dokument C-170, auf eine Eintragung auf
Seite 56 des Dokumentenbuchs unter dem 20. April 1941. Ich verlese einige Sätze
davon:
»Oberbefehlshaber der Kriegsmarine beim Führer: Ob.d.M. fragt nach
Ergebnis Matsuoka-Besuchs, und nach Beurteilung japanisch-russischen Paktes... Führer
hat Matsuoka mitgeteilt, 'daß Rußland nicht angefaßt wird, wenn es sich gemäß
Vertrag freundschaftlich verhält. Andernfalls behält er sich Vorgehen vor'. Japan-
Rußland-Pakt sei nach Vereinbarung mit Deutschland abgeschlossen und solle
Japan von Vorgehen gegen Wladiwostok abhalten und zum Angriff auf Singapore
veranlassen.«
Einen interessanten Kommentar zu diesem Dokument finden wir in Dokument
C-66 auf Seite 13 des Dokumentenbuchs. Das Dokument C-66 ist bereits als Beweisstück
GB-81 vorgelegt worden. Ich möchte den Gerichtshof auf den dritten Absatz auf
Seite 13 des Dokumentenbuchs verweisen.
Zu diesem Zeitpunkt war der Führer zu einem überraschenden Angriff auf
Rußland fest entschlossen, ohne Rücksicht auf die russische Einstellung zu
Deutschland. Nach den eingehenden Nachrichten änderte sich diese häufig, und
dann folgt jener interessante Satz:
»Die Mitteilung an Matsuoka war lediglich auf Tarnung und Sicherung der
Überraschung eingestellt.«
Die Achsenpartner waren nicht einmal zueinander ehrlich; dies scheint
mir typisch für die Art von Dschungel-Diplomatie, die sich Raeder zu eigen
machte.
Mit Erlaubnis des Gerichtshofs gehe ich nun von dem Gebiet der
Diplomatie zum letzten Teil des Falles gegen Raeder, zu den Verbrechen auf See
über.
Nach Ansicht der Anklagebehörde brachte Raeder während seiner ganzen
Laufbahn allen internationalen Regeln oder Kriegsgebräuchen, wenn sie mit
seiner Absicht, das Nazi-Eroberungsprogramm durchzuführen, nur im mindesten in
Widerspruch standen, eine vollkommene Mißachtung entgegen. Ich möchte dem
Gerichtshof nur ein paar Beispiele anführen, wie Raeder die Gesetze und
Gebräuche der zivilisierten Staaten verhöhnte.
Raeder selbst hat seine Einstellung besonders trefflich in Dokument
UK-65 zusammengefaßt; es wird
[Der Nürnberger
Prozeß: Vierunddreißigster Tag. Dienstag, den 15. Januar 1946. Der Nürnberger
Prozess, S. 5208 (vgl. NP Bd. 5, S. 310 ff.)]