1937年11月5日ヒトラーの戦争政策に対するフォン・ノイラート外相の反対
フォン・フリッチなどと相談、ヒトラーに思いとどまらせる工作、しかし、失敗。
・・・辞任申し出。
Wende der Politik. Herr von Neurath, wann
ist Ihnen bekanntgeworden, daß Hitlers außenpolitische Pläne vor allem über die
Erringung der deutschen Gleichberechtigung auf friedlichem Wege hinausgingen
und die Führung von Kriegen, die Anwendung von Gewalt, in den Kreis Ihrer
Erwägungen zogen?
VON NEURATH: Das war zum erstenmal der Fall
anläßlich der hier oft erwähnten Ansprache Hitlers an die Oberbefehlshaber der
Wehrmachtsteile vom 5. November 1937, bei der ich zugegen war. Die Aufzeichnung
über den Inhalt dieser Ansprache ist allerdings zunächst, wie sich hier ergeben
hat, aus dem sogenannten Hoßbach-Protokoll, fünf Tage nach der Ansprache im
Auszug aus einer zwei- oder dreistündigen Rede aus dem Gedächtnis gemacht
worden.
Wenn diese von Hitler in dieser langen Rede vorgetragenen Pläne auch
keinen konkreten Inhalt hatten und verschiedene Möglichkeiten zuließen, war
doch für mich zu erkennen, daß die Gesamttendenz seiner Pläne aggressiver Natur
waren. Diese Ansprache Hitlers hat mich aufs äußerste erschüttert, da damit der
bisher von mir konsequent verfolgte und mit nur friedlichen Mitteln betriebene
Kurs unserer Außenpolitik die Basis verloren hatte. Es war selbstverständlich,
daß ich die Verantwortung für eine solche Politik nicht tragen konnte.
DR. VON LÜDINGHAUSEN: Ich darf im Zusammenhang
hiermit Bezug nehmen auf das von mir bereits erwähnte Affidavit der Baronin
Ritter, Nummer 3 meines Dokumentenbuches I und darf hierzu aus diesem einen
Absatz von Ziffer 17 meines Dokumentenbuches zitieren, der mir doch so wichtig
erscheint, daß ich das Gericht bitten möchte, mir die Zitierung dieses Absatzes
zu gestatten. Ich zitiere:
»Als Herr von Neurath aus den Darlegungen Hitlers am 5. November 1937
zum ersten Male erkennen mußte, daß dieser seine politischen Ziele durch
Gewaltanwendung gegenüber den Nachbarstaaten erreichen wollte, erschütterte ihn
dies seelisch so stark, daß er mehrere schwere Herzattacken erlitt. Er sprach
darüber eingehend mit uns bei seinem Besuch zu Neujahr 1938, und wir fanden ihn
seelisch wie physisch sehr mitgenommen. Er war vor allem sehr betroffen davon,
daß Hitler es in der Zwischenzeit abgelehnt hatte, ihn zu empfangen und sah
unter diesen Umständen keine Möglichkeit, diesen von seinen Plänen abzubringen,
die er aufs schärfste verurteilte. 'Es ist furchtbar, die Rolle der Kassandra
zu spielen', sagte er oft. Er erklärte kategorisch, daß er diese Politik unter
keinen Umständen mitmachen könnte und daraus unverzüglich die Konsequenzen
ziehen würde. Er ging von diesem Entschluß auch nicht ab als Hitler ihm am 2. Februar
1938, seinem 65. Geburtstag, erklärte, ihn als Außenminister nicht entbehren zu
können. Er sprach darüber am gleichen Abend bei einem
Glückwunschtelephongespräch mit uns.«
[Der Nürnberger
Prozeß: Einhundertzweiundsechzigster Tag. Montag, 24. Juni 1946. Der Nürnberger
Prozess, S. 21087 (vgl. NP Bd. 16, S. 699 ff.)]
[Zum Zeugen gewandt:]
Welche Konsequenz zogen Sie nun aus dieser Erkenntnis, die Sie auf Grund
der Ansprache bekommen hatten?
VON NEURATH: Etwa zwei Tage nach dieser Ansprache
ging ich zum Generaloberst von Fritsch, der bei der Ansprache ja zugegen
gewesen war, und zusammen mit ihm und dem Generalstabschef, General Beck,
besprach ich mit ihnen, was wir etwa unternehmen könnten, um Hitler
umzustimmen. Wir kamen überein, daß zunächst der Generaloberst von Fritsch, der
in den Tagen darauf ohnehin einen Vortrag bei Hitler hatte, ihm alle
militärischen Gründe auseinandersetzen sollte, die gegen diese Politik
sprechen. Ich wollte ihm dann die politischen Gründe darlegen. Leider konnte
ich aber Hitler, der bald darauf nach dem Obersalzberg abreiste und mich vor
seiner Abreise nicht mehr empfangen konnte oder wollte, erst am 14.
oder 15. Januar sprechen. Hierbei versuchte ich ihm klarzumachen,
daß seine Politik zum Weltkrieg führen müsse und daß ich das nicht mitmache.
Viele seiner Pläne könne man auf friedlichem Wege, allerdings etwas langsamer,
lösen. Er erklärte mir darauf, er habe keine Zeit mehr. Ich machte ihn auf das
Risiko des Krieges und auf die ernsten Mahnungen der Generale aufmerksam.
Ich erinnerte ihn an seine Rede im Reichstag von 1933, in dem er selbst jeden
neuen Krieg als einen Wahnsinn bezeichnet habe, und so weiter. Als er trotzdem
bei seiner Auffassung blieb, erklärte ich, dann müsse er sich einen anderen
Außenminister suchen, ich mache mich nicht zum Mitschuldigen einer solchen
Politik. Hitler lehnte zunächst mein Abschiedsgesuch ab, ich blieb aber dabei,
und am 4. Februar erteilte er mir den Abschied ohne weitere Kommentare.
DR. VON LÜDINGHAUSEN: Hatten Sie den Eindruck,
Herr von Neurath, daß Hitler sich nur ungern dazu entschloß, Ihnen diesen
Abschied zu bewilligen oder daß Sie mit Ihrem Rücktrittsgesuch seinen eigenen
Wünschen entgegengekommen waren?
VON NEURATH: Ich glaube eher letzteres. Hitler
dürfte schon länger den Wunsch gehabt haben, die Führung der Außenpolitik...
VORSITZENDER: Das ist kein Beweismittel. Sie
können nicht darüber aussagen, was Ihrer Meinung nach ein anderer Mensch
dachte.
DR. VON LÜDINGHAUSEN: Sie wurden gleichzeitig nach
Ihrem Rücktritt als Außenminister zum Präsidenten des neugeschaffenen Geheimen
Kabinettsrates ernannt.
[Der Nürnberger
Prozeß: Einhundertzweiundsechzigster Tag. Montag, 24. Juni 1946. Der Nürnberger
Prozess, S. 21089 (vgl. NP Bd. 16, S. 701 ff.)]