ガス自動車
Gaswagen Erstmals im Sommer 1940 für die
Ermordung von Anstaltspatienten im Rahmen der Aktion T4 im Wartheland
eingesetzt. Ein Sonderkommando unter SS-Hauptsturmführer Herbert Lange (
Einsatzgruppen; SS) ermordete
Kranke und Behinderte aus den Hospitälern Wartha, Tiegenhof und Soldau; bei
letzterem 1559 Menschen in 19 Tagen. Etwa 40 Personen gleichzeitig wurden in
luftdichten Lkw-Aufbauten während der Fahrt mit Kohlenmonoxyd aus Flaschen
vergast.
Im September 1941
beauftragte Obersturmbannführer Walter Rauff, Leiter der Abteilung II D im RSHA, den Verantwortlichen für
Transporte, Friedrich Pradel, Lastkraftwagen so
zu konstruieren, daß die Motorabgase in die
geschlossenen Kastenaufbauten gelenkt werden konnten. Bei der Firma Gaubschat in Berlin wurden insgesamt 30 Spezialaufbauten bestellt.
Diese modifizierte »T4«-Tötungsmethode wurde im Gebiet
der besetzten Sowjetunion von den dort operierenden Einsatzgruppen
angewandt. Die G. wurden hierfür von den Einsatzkommandos bei den Stäben der
Einsatzgruppen für besondere Aktionen angefordert. Der erste erwiesene Einsatz
der G. in der westlichen Sowjetunion erfolgte im November
1941 in Poltawa und im Dezember in Charkow.
Im Laufe des Jahres 1942 verfügten alle
Einsatzgruppen über G.
»Seit Dezember 1941 wurden beispielsweise mit drei
eingesetzten Wagen 97000 verarbeitet, ohne daß Mängel an den Fahrzeugen
auftraten«, heißt es in einem Bericht des RSHA vom Juni
1942.
Die Tötungen wurden in der Regel durch Einleitung
der Autoabgase während der Fahrt von einem Sammelplatz zu einem Exekutionsort
durchgeführt. Die aus Gefangenen bestehenden Kommandos, die die Leichen aus den
Lastwagen ausladen und in Gruben verscharren mußten, wurden anschließend
ebenfalls ermordet.
In
Chelmno Kulmhof wurde im Dezember 1941 ein Vernichtungslager hauptsächlich für die
jüdische Bevölkerung aus dem besetzten Reichsgau Wartheland errichtet. Dort ermordete das Sonderkommando
Lange, das bereits während der Aktion T4 Erfahrungen mit G. gesammelt hatte,
mit 2-3
stationären Lkw zwischen Dezember 1941 und Dezember 1942 mindestens 152000 Menschen.
Thomas Lutz
Literatur:
Kogon,
Eugen/Hermann Langbein/Adalbert Rückerl u.a. (Hg.): Nationalsozialistische
Massentötungen durch Giftgas. Frankfurt am Main 1983.
[Teil II:
Lexikon: Gaswagen. Enzyklopädie des Nationalsozialismus, S. 1431 (vgl. EdNS, S.
477 ff.) (c) Verlag Klett-Cotta]