ヒムラーの発言

 

ユダヤ人抹殺の

「行為だけを見て、強制された必然性をみない勢力によって、誹謗され貶められる」と認めていた。

 

 

    Weimarer Republik bis zur Bundesrepublik, und hat immer die gleichen Strafgesetze gehabt. Diese Strafgesetze aber haben den Mord immer unter Strafe gestellt.

        Dem Nationalsozialismus stand zwar die umfassende Macht im Deutschen Reich zur Verfügung, diese aber setzte ihn nicht in die Lage, aus Unrecht Recht zu machen. Insbesondere konnte er nicht bestimmen, daß eine alle Merkmale einer strafbaren Handlung erfüllende Tat allein deswegen kein Unrecht sei, weil sie von einer bestimmten Person, mochte sie auch der alleinige Machthaber im Staate sein, befohlen wurde. Diesem Kernbereich, wie der BGH1 sagt, des Rechts war auch der Nationalsozialismus unterworfen.

        Dies gilt auch insbesondere für die Frage der »Endlösung der Judenfrage«. Dieser verbrecherische Befehl zur »Endlösung der Judenfrage« wurde von Adolf Hitler weitergegeben an Heinrich Himmler. Heinrich Himmler war sich der Gesetzwidrigkeit und der Rechtswidrigkeit dieses Befehls vollkommen bewußt. Er drückt das in einem von der Zeugin Franke-Gricksch überreichten Gedächtnisprotokoll wie folgt aus: »Dieser Befehl belastet uns als die Treuesten des Führers mit einer geschichtlichen Hypothek von ungeheurem Ausmaß. Ich kann mir vorstellen, daß wir durch diese Tat verleumdet     und beschmutzt werden von Kräften, die nur die Tat sehen, nicht aber die zwingende Notwendigkeit zu diesem Tun. Sie erkennen nicht, daß wir die größten Vollstrecker eines Befehls sind, der unseren Orden immer mit dieser Tat in Verbindung bringen wird. Ich habe unter diesem Befehl sehr gelitten und weiß, ganz gleich, wie es kommt, was er für die SS bedeutet. Aber ich sehe auch in der Durchführung dieses Befehls einen Maßstab der Treue zum Führer, wie ihn keine andere Gliederung geben kann und geben will.«»Die Geheimhaltung ist in diesem Falle das Entscheidende, und ich bitte, auf dieses Moment ganz besonders hinzuweisen. Wir können heute diesen Schritt selbst dem Führerkorps der SS noch nicht geschichtlich begründen. Sie würden manches nicht verstehen und die Tatsachen an sich werten. Erst ein weiter Abstand zu diesen Dingen, vielleicht erst nach Jahrzehnten, vielleicht erst nach einer Zeit der schärfsten Diffamierung dieser Tat, wird den Standpunkt gewinnen, der für die Notwendigkeit dieser Aufgabe allein richtig ist.«2

        Aber auch die nachfolgenden Befehlsempfänger waren sich über die Unrechtmäßigkeit dieser Maßnahme vollkommen im klaren. Dieses Bewußtsein der Rechtswidrigkeit war auch bei allen Angeklagten, die hier vor uns sitzen, vorhanden. Wir hören

[Das Verfahren: 182. Verhandlungstag (19.08.1965). Der 1. Frankfurter Auschwitz-Prozeß, S. 36668 (vgl. AP357.019, S. 0 ff.)]

 

 

 

Fußnoten

2 Vgl. »Aus dem Tagebuch eines gefallenen SS-Führers«, Anlage 6 zum Protokoll der Hauptverhandlung vom 18.03.1965, 4 Ks 2/63, Hauptakten, Bd. 109

 [Das Verfahren: 182. Verhandlungstag (19.08.1965). Der 1. Frankfurter Auschwitz-Prozeß, S. 36864]

 

この証言は、弁護側証言・・・・アウシュヴィッツ裁判の被告が、抵抗不可能な「命令によって」、ユダヤ人抹殺に協力させられた、との弁護。

 

Liselotte Franke-Gricksch

 

Weitere Namen:

    Zeugin Liselotte Franke-Gricksch (Sprechername)

    Franke-Gricksch, Lieselotte

Anm.: Witwe des SS-Obersturmbannführers Albert Franke-Gricksch.

    Zur Zeit der Verhandlung: 50 Jahre, Sekretärin, BRD.

    Zeugin der Verteidigung, Aussage zum Befehlsnotstand.

 

Sachverweise

    Sonstiges: Befehlsnotstand

 

Dokumente

    Als Sprecher:

Vernehmung der Zeugin Liselotte Franke-Gricksch (144. Verhandlungstag, 18.3.1965)

        292.069

        293.001

 

    Genannt in:

Plädoyer des Nebenklagevertreters Raabe zu Lucas, Frank, Schatz, Breitwieser, Stark, Boger, Dylewski, Hofmann, Kaduk, Klehr, Baretzki,     Scherpe, Hantl, Mulka u. Höcker (161. Verhandlungstag, 21.5.1965)

        373.047-048

Mündliche Urteilsbegründung des Vorsitzenden Richters (182. Verhandlungstag, 19.8.1965)

        357.019

 

[Personenregister: . Der 1. Frankfurter Auschwitz-Prozeß, S. 43582 (vgl. APP000871, S. 1 ff.)]

 

---------------「抵抗不可能な命令」---------------- 

 

Befehlsnotstand

 

(Justiz). In Befehlsnotstand befindet sich, wer strafbare Handlungen auf Befehl begeht, weil sonst schwerwiegende Konsequenzen für die eigene Person bestehen oder befürchtet werden. Ein Befehl zur Begehung strafbarer Handlungen ist nicht verbindlich und gilt nicht als Rechtfertigungsgrund, wenn der Befehlsempfänger die Unrechtmäßigkeit erkennen konnte. Eine Entschuldigung kann in Betracht kommen, wenn bei Verweigerung des Befehls eine Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit des Täters besteht. Siehe: Horst Tilch, Frank Arloth (Hg.), Deutsches Rechts- Lexikon, 3. Auflage, München 2001, S. 582

Siehe auch:

    Befehl; Befehlsverweigerung; Putativnotstand

Siehe auch:

    Werner Bernhard Best; Günther Burmeister; Friedrich Dern; Erwin Josef Dietz; Emil Finnberg; Liselotte Franke-Gricksch; Harry Fugmann; Oskar Gerbig; Hans Harders; Albert Hartl; Friedrich Hermann; Alfred Herrmann; Kurt Hinrichsen; Herbert Helmut Hofmann; Karl-Günther Husmann; Otto Karhausen; Gerhard Hans Richard Knoch; Hans Jakob Erwin Lauffs; Ernst Martin; Michael Angelo Musmanno; Kurt Nieding; Gustav Adolf Noßke;     Willy Osthues; Emanuel Schäfer; Erwin Schulz; Hans Hermann Sorge; Bruno Streckenbach; Wilhelm Thierhoff; Hans Zentgraf

 

Dokumente:

Vernehmung des Zeugen Hermann Langbein (24. Verhandlungstag, 6.3.1964)

        010.023

Fortsetzung der Vernehmung des Zeugen Alfred Aedtner (130. Verhandlungstag, 25.1.1965)

        265.039

Vernehmung des Zeugen Kurt Hinrichsen (130. Verhandlungstag, 25.1.1965)

        265.040-071

        266.001-042

Vernehmung des Zeugen Waclaw Dowgint- Nieciunski (142 Verhandlungstag, 8.3.1965)

        290.031-034

        290.038-047

Vernehmung des Zeugen Oskar Gerbig (143. Verhandlungstag, 11.3.1965)

        292.041-047

Plädoyer des Oberstaatsanwalts Großmann (155. Verhandlungstag, 7.5.1965)

        367.017-027

Plädoyer des Staatsanwalts Vogel zu Stark (155. Verhandlungstag, 7.5.1965)

        368.016-018

Plädoyer des Staatsanwalts Vogel zu Dylewski (156. Verhandlungstag, 10.5.1965)

        369.049-052

Plädoyer des Staatsanwalts Vogel zu Hofmann (158. Verhandlungstag, 14.5.1965)

        371.030-031

Plädoyer des Nebenklagevertreters Kaul zu Mulka, Höcker, Klehr (160. Verhandlungstag, 20.5.1965)

        323.040

        325.010-037

Plädoyer des Nebenklagevertreters Raabe zu Lucas, Frank, Schatz, Breitwieser, Stark, Boger, Dylewski, Hofmann, Kaduk, Klehr, Baretzki, Scherpe, Hantl, Mulka u. Höcker (161. Verhandlungstag, 21.5.1965)

        373.037-038

        373.045-056

Plädoyer des Verteidigers Eggert für Mulka, Höcker (163. Verhandlungstag, 31.5.1965)

        327.002-014

Plädoyer des Verteidigers Erhard für Stark (165. Verhandlungstag, 4.6.1965)

        332.046-065

Plädoyer des Verteidigers Laternser (166. Verhandlungstag, 10.6.1965)

        337.065-068

        338.032-058

Plädoyer des Verteidigers Steinacker für Broad und Dylewski (182. Verhandlungstag, 19.8.1965)

        377.064

        377.075-080

Plädoyer des Verteidigers Knögel für Scherpe (171. Verhandlungstag, 25. 6.1965)

        380.033-037

        380.045-050

Fortsetzung des Plädoyers des Verteidigers Staiger für Hofmann (171. Verhandlungstag, 25.6.1965)

        345.021-065

Plädoyer des Verteidigers Laternser für Frank, Schatz (172. Verhandlungstag, 1.7.1965)

        347.065-069

Plädoyer des Verteidigers Reiners für Kaduk (173. Verhandlungstag, 2.7.1965)

        348.054-056

        348.062

Plädoyer des Verteidigers Fertig für Klehr (174. Verhandlungstag, 8.7.1965)

        382.034-041

Plädoyer des Verteidigers Göllner für Klehr (174. Verhandlungstag, 8.7.1965)

        349.020

        349.032-042

Plädoyer des Verteidigers Naumann für Hantl (176.     Verhandlungstag, 16.7.1965)

        352.034-038

Plädoyer des Verteidigers Reiners für Scherpe (178. Verhandlungstag, 23.7.1965)

        352.052-054

Letztes Wort des Angeklagten Schlage (180. Verhandlungstag, 6.8.1965)

        356.026-028

Letztes Wort des Angeklagten Klehr (181. Verhandlungstag, 12.8.1965)

        356.062-063

Mündliche Urteilsbegründung des Vorsitzenden Richters (182. Verhandlungstag, 19.8.1965)

        359.047-048

Fortsetzung der mündlichen Urteilsbegründung des Vorsitzenden Richters (183. Verhandlungstag, 20.8.1965)

        363.059-061

        364.044-047

 

 

 Befehlsverweigerung命令拒否

 

(Militär).

Siehe auch:

    Befehl; Befehlsnotstand

 

Dokumente:

Fortsetzung der Vernehmung des Zeugen Otto Wolken (20. Verhandlungstag, 27.2.1964)

        004.058

Vernehmung des Zeugen Hermann Langbein (24. Verhandlungstag, 6.3.1964)

        009.049-053

        010.031

        010.057

        011.015-016

Vernehmung des Zeugen Konrad Morgen (25. Verhandlungstag, 9.3.1964)

        013.062

        013.067-069

        014.001-002

        014.012-014

Vernehmung des Zeugen Friedrich Ontl (51. Verhandlungstag, 4.6.1964)

        057.057

Vernehmung des Zeugen Hubert Christoph (75. Ver    handlungstag, 7.8.1964)

        108.028-032

        108.041-042

Vernehmung des Zeugen Friedrich Althaus (93. Verhandlungstag, 25.9.1964)

        165.055-056

Fortsetzung der Vernehmung des Zeugen Jan Farber (97. Verhandlungstag, 5.10.1964)

        177.022-024

Vernehmung des Zeugen Kurt Hinrichsen (130. Verhandlungstag, 25.1.1965)

        265.043

        266.023-024

Vernehmung des Zeugen Waclaw Dowgint- Nieciunski (142 Verhandlungstag, 8.3.1965)

        290.031-034

        290.038-039

        290.043-045

Vernehmung des Zeugen Erwin Dietz (143. Verhandlungstag, 11.3.1965)

        291.006-009

Vernehmung des Zeugen Hans Harders (143. Verhandlungstag, 11.3.1965)

        291.030-038

Vernehmung des Zeugen Oskar Gerbig (143. Verhandlungstag, 11.3.1965)

        292.030-042

Vernehmung des Zeugen Harry Fugmann (144. Verhandlungstag, 18.3.1965)

        293.011-014

Vernehmung des Zeugen Gerhard Knoch (144. Verhandlungstag, 18.3.1965)

        293.016

Vernehmung des Zeugen Emil Finnberg (145. Verhandlungstag, 25.3.1965)

        293.052-066

        294.001-020

Vernehmung des Zeugen Bruno Streckenbach (145. Verhandlungstag, 25.3.1965)

        294.027-032

Vernehmung des Zeugen Kurt Nieding (145. Verhandlungstag, 25.3.1965)

        294.056-059

Vernehmung des Zeugen Karl-Günther Husmann (145. Verhandlungstag, 25.3.1965)

        295.007

        295.012-016

        295.022-027

Vernehmung des Zeugen Gustav Noßke (146. Verhandlungstag, 26.3.1965)

        295.053-060

        295.068-070

        296.001-011

Vernehmung des Zeugen Alfred Herrmann (146. Ver    handlungstag, 26.3.1965)

        296.013-021

Vernehmung des Zeugen Albert Hartl (146. Verhandlungstag, 26.3.1965)

        297.028-033

Vernehmung des Zeugen Friedrich Hermann (146. Verhandlungstag, 26.3.1965)

        297.042-043

Vernehmung des Zeugen Friedrich Dern (146. Verhandlungstag, 26.3.1965)

        297.048-056

Vernehmung des Zeugen Günther Burmeister (146. Verhandlungstag, 26.3.1965)

        297.058-064

Vernehmung des Zeugen Hans Lauffs (146. Verhandlungstag, 26.3.1965)

        297.065-070

        298.004-010

        298.016

Vernehmung des Zeugen Herbert Hofmann (146. Verhandlungstag, 26.3.1965)

        298.023-025

Vernehmung des Zeugen Hans Zentgraf (146. Verhandlungstag, 26.3.1965)

        298.033-035

        298.044-052

        298.065

Vernehmung des Zeugen Erwin Schulz (147. Verhandlungstag, 29.3.1965)

        299.010

        299.015-021

Vernehmung des Zeugen Michael Musmanno (147. Verhandlungstag, 29.3.1965)

        299.027-028

        299.035-043

        299.048

        299.055-066

        300.012-018

        300.051-055

Vernehmung des Zeugen Willy Osthues (147. Verhandlungstag, 29.3.1965)

        301.004-005

        301.011-022

        301.033-035

        301.046

Vernehmung des Zeugen Wilhelm Thierhoff (148. Verhandlungstag, 5.4.1965)

        302.003-006

        302.010-014

Vernehmung des Zeugen Hans Sorge (149. Verhandlungstag, 12.4.1965)

        302.016-017

Vernehmung des Zeugen Werner Best (149. Verhandlungstag, 12.4.1965)

        302.030-034

        302.042-044

        302.052-053

Vernehmung des Zeugen Ernst Martin (149. Verhandlungstag, 12.4.1965)

        302.060-062

        302.066-070

        303.001

        303.022

Plädoyer des Staatsanwalts Kügler zu Klehr, Scherpe, Hantl (160. Verhandlungstag, 20.5.1965)

        322.034-035

Plädoyer des Nebenklagevertreters Kaul zu Mulka, Höcker, Klehr (160. Verhandlungstag, 20.5.1965)

        325.027-036

Plädoyer des Verteidigers Erhard für Stark (165. Verhandlungstag, 4.6.1965)

        332.050-052

Plädoyer des Verteidigers Laternser (166. Verhandlungstag, 10.6.1965)

        338.048-049

Plädoyer des Verteidigers Knögel für Scherpe (171. Verhandlungstag, 25. 6.1965)

        380.048-049

Fortsetzung des Plädoyers des Verteidigers Staiger für Hofmann (171. Verhandlungstag, 25.6.1965)

        345.025-029

        345.050-057

Plädoyer des Verteidigers Fertig für Klehr (174. Verhandlungstag, 8.7.1965)

        382.032

Plädoyer des Verteidigers Reiners für Scherpe (178. Verhandlungstag, 23.7.1965)

        352.050-054

 

[Sachregister: . Der 1. Frankfurter Auschwitz-Prozeß, S. 47095 (vgl. S01961, S. 1 ff.)]

 

 

 

 

 

 

 

        In diesem Zusammenhang muß ich auch auf einen Einwand eingehen, der von der Verteidigung immer wieder gemacht worden ist, nämlich auf die Frage: Wo sind denn die Gerichte im nationalsozialistischen Staat geblieben, die berufen waren, diese damals begangenen Verbrechen zu ahnden und abzuurteilen? Es muß hierbei in Erinnerung gebracht werden, daß am 26.4.1942 der Reichstag einen Beschluß folgenden Wortlauts faßte: »Der Führer muß daher - ohne an bestehende Rechtsvorschriften gebunden zu sein - in seiner Eigenschaft als Führer der Nation, als Oberster Befehlshaber der Wehrmacht, als Regierungschef und oberster Inhaber der vollziehenden Gewalt, als oberster Gerichtsherr und als Führer der Partei jederzeit in der Lage sein, nötigenfalls jeden Deutschen - sei er einfacher Soldat oder Offizier, niedriger oder hoher Beamter oder Richter, leitender oder dienender Funktionär der Partei, Arbeiter oder Angestellter - mit allen ihm geeignet erscheinenden Mitteln zur Erfüllung seiner Pflichten anzuhalten und bei Verletzung dieser Pflichten nach gewissenhafter Prüfung ohne Rücksicht auf sogenannte wohlerworbene Rechte mit der ihm gebührenden Sühne zu belegen, ihn im besonderen ohne Einleitung vorgeschriebener Verfahren aus seinem Amte, aus seinem Rang und seiner Stellung zu entfernen.«4

        Dieses Gesetz und diese Drohung war in erster Linie an die Adresse der Richter gerichtet, und Adolf Hitler hat damals in seiner Reichstagsrede ausgeführt: »Ebenso erwarte ich, daß die deutsche Justiz versteht, daß sich nicht die Nation ihretwegen, sondern daß sie der Nation wegen da ist. Das heißt, daß nicht die Welt zugrunde gehen darf, in der auch Deutschland eingeschlossen ist, damit ein formales Recht lebt, sondern daß Deutschland leben muß, ganz gleich, wie immer auch formale Auffassungen der Justiz dem widersprechen. Ich werde von jetzt ab in diesen Fällen eingreifen und Richter, die ersichtlich das Gebot der Stunde nicht erkennen, ihres Amtes entheben.«5

        In diesem Gesetz des Reichstages werden die einzelnen Machtbefugnisse, die sich der Führer und Reichskanzler inzwischen zugelegt hatte, nicht ohne Grund im einzelnen ausgeführt. Denn insbesondere, wenn hier der Führer nicht nur als oberster Inhaber der vollziehenden Gewalt, als Regierungschef, sondern auch als oberster Gerichtsherr genannt wird, so bedeutet das, daß mit diesem Gesetz der Lehre der Gewaltenteilung, wie sie Montesquieu aufgestellt hatte, ein Ende gesetzt war. Diese Regelung schaltete das Gericht als Kontrollorgan zwischen Parlament und Exekutive aus und beendete die Unabhängigkeit seiner Rechtsprechung.     Von nun an sollten die Gerichte nur noch solche Urteile fällen, die im Sinne der Machtpolitik genehm waren.

        Da aber die deutschen Gerichte, von Ausnahmen selbstverständlich abgesehen, in ihrem Gros nicht gewillt waren, das Recht zu einem Ausfluß der Machtsphäre zu machen, so wurden sie von nun an überhaupt nicht mehr mit solchen Delikten befaßt, die in den Rahmen des politischen Sektors fielen. Es ist klar, daß die Gerichte nur aburteilen konnten, was ihnen vorgelegt wurde. Wo kein Kläger ist, ist auch kein Richter. Und es wurde ihnen kein einziger Fall vorgelegt, der sich mit den Delikten befaßte, die hier Gegenstand der Anklage bildeten.

        Sie konnten gar nicht damit befaßt werden. Denn nachdem durch dieses Gesetz des Reichstages der Führer und Reichskanzler zum obersten Gerichtsherrn ernannt war - ein Begriff, der bis dahin überhaupt nur in der Militärgerichtsbarkeit seinen Niederschlag gefunden hatte -, nachdem nunmehr der oberste Gerichtsherr auch für die Strafgerichtsbarkeit auf dem zivilen Sektor geschaffen worden war, konnte die Staatsanwaltschaft Delikte der hier besprochenen Art gar nicht mehr zur Anklage bringen, weil der oberste Gerichtsherr selbstverständlich niemals seine Zustimmung dazu gegeben hätte, Anklagen zu erheben gegen Maßnahmen, die von     ihm befohlen und von ihm gutgeheißen worden waren. Damit war sichergestellt, daß auch die Befehlsempfänger nicht mehr Verfolgungen der Staatsanwaltschaften und der Gerichte ausgesetzt waren und daß sie in Ruhe das vollenden konnten, was mit den Vernichtungsbefehlen erreicht werden sollte.

        Was hier über die »Endlösung der Judenfrage« gesagt ist, gilt auch für die übrigen Tötungen im Lager, gleich, aus welchen Gründen sie erfolgt sind, mögen die Opfer aus politischem, rassischem, religiösem oder sonstigem Grunde in das Konzentrationslager aufgenommen worden sein. Ihre Tötung war, soweit sie sich im Einklang befand mit den gegebenen Befehlen, rechtswidrig, aber nicht verfolgbar.

        Andererseits aber hatte man es für ratsam gehalten, von demselben Reichstag sich nicht etwa auch das Recht einräumen zu lassen, alle Juden, die im Machtbereich lebten, der gemeinen Kassation oder der Ermordung zuzuführen. Im Gegenteil, diese Maßnahmen und Befehle mußten unter strengster Geheimhaltung durchgeführt werden. Es genügte nicht, daß diese Geheimhaltung den Untergebenen befohlen wurde, sondern es mußte selbst in dem Schriftverkehr unter den Organisationen jedes Wort vermieden werden, das die Dinge wahrheitsgemäß     beim Namen nannte. Es durfte also nicht von einer Ermordung der Juden gesprochen werden, sondern nur von einer »Umsiedlung«, nicht von Vergasung, sondern von der »Sonderbehandlung« oder »Gesonderten Unterbringung«, es durfte nicht von Giftgas gesprochen werden, das zur Vernichtung führte, sondern von »Material zur Judenumsiedlung«.

        Diese strenge Geheimhaltung, zu der jeder einzelne Mittäter verpflichtet war, war erforderlich, um die Öffentlichkeit, sowohl das deutsche Volk wie auch das Ausland, nicht auf das hinzulenken, was befohlen war und was geschah. Diese Geheimhaltung kam auch nicht von ungefähr. Denn man hatte bei der sogenannten Euthanasie die Erfahrung gemacht, daß die Kenntnis des deutschen Volkes von diesen scheußlichen Ermordungen im höchsten Grade gefährlich werden konnte. Ja man mußte sogar auf dem Gebiet der sogenannten Euthanasie das gesamte Verfahren abbrechen, weil mannhafte Vertreter der Kirchen und des öffentlichen Lebens sich gegen diese Art der Ermordung mit Nachdruck gewandt [+ hatten] und die Unruhe in dem deutschen Volk wegen dieser Verbrechen immer größeres Ausmaß gewann.

        Der Führerbefehl, der immer wieder als das gültige Gesetz hingestellt worden ist, bedurfte aber zum mindesten der Veröffentlichung, um überhaupt

[Das Verfahren: 182. Verhandlungstag (19.08.1965). Der 1. Frankfurter Auschwitz-Prozeß, S. 36671 (vgl. AP357.024, S. 0 ff.)]

 

 

 

    ihm befohlen und von ihm gutgeheißen worden waren. Damit war sichergestellt, daß auch die Befehlsempfänger nicht mehr Verfolgungen der Staatsanwaltschaften und der Gerichte ausgesetzt waren und daß sie in Ruhe das vollenden konnten, was mit den Vernichtungsbefehlen erreicht werden sollte.

        Was hier über die »Endlösung der Judenfrage« gesagt ist, gilt auch für die übrigen Tötungen im Lager, gleich, aus welchen Gründen sie erfolgt sind, mögen die Opfer aus politischem, rassischem, religiösem oder sonstigem Grunde in das Konzentrationslager aufgenommen worden sein. Ihre Tötung war, soweit sie sich im Einklang befand mit den gegebenen Befehlen, rechtswidrig, aber nicht verfolgbar.

        Andererseits aber hatte man es für ratsam gehalten, von demselben Reichstag sich nicht etwa auch das Recht einräumen zu lassen, alle Juden, die im Machtbereich lebten, der gemeinen Kassation oder der Ermordung zuzuführen. Im Gegenteil, diese Maßnahmen und Befehle mußten unter strengster Geheimhaltung durchgeführt werden. Es genügte nicht, daß diese Geheimhaltung den Untergebenen befohlen wurde, sondern es mußte selbst in dem Schriftverkehr unter den Organisationen jedes Wort vermieden werden, das die Dinge wahrheitsgemäß     beim Namen nannte. Es durfte also nicht von einer Ermordung der Juden gesprochen werden, sondern nur von einer »Umsiedlung«, nicht von Vergasung, sondern von der »Sonderbehandlung« oder »Gesonderten Unterbringung«, es durfte nicht von Giftgas gesprochen werden, das zur Vernichtung führte, sondern von »Material zur Judenumsiedlung«.

        Diese strenge Geheimhaltung, zu der jeder einzelne Mittäter verpflichtet war, war erforderlich, um die Öffentlichkeit, sowohl das deutsche Volk wie auch das Ausland, nicht auf das hinzulenken, was befohlen war und was geschah. Diese Geheimhaltung kam auch nicht von ungefähr. Denn man hatte bei der sogenannten Euthanasie die Erfahrung gemacht, daß die Kenntnis des deutschen Volkes von diesen scheußlichen Ermordungen im höchsten Grade gefährlich werden konnte. Ja man mußte sogar auf dem Gebiet der sogenannten Euthanasie das gesamte Verfahren abbrechen, weil mannhafte Vertreter der Kirchen und des öffentlichen Lebens sich gegen diese Art der Ermordung mit Nachdruck gewandt [+ hatten] und die Unruhe in dem deutschen Volk wegen dieser Verbrechen immer größeres Ausmaß gewann.

        Der Führerbefehl, der immer wieder als das gültige Gesetz hingestellt worden ist, bedurfte aber zum mindesten der Veröffentlichung, um überhaupt     zum Gesetz werden zu können, damit die Öffentlichkeit sich auch über den Umfang und die Tragweite der Gesetze im klaren werden konnte. Aber gerade das sollte ja vermieden werden, und es ist durchaus keine juristische Spitzfindigkeit, wenn diese Veröffentlichung der Strafgesetze gefordert wird, um eine Anordnung des Staates zum Gesetz werden zu lassen. So war der Befehl Adolf Hitlers für die sogenannte Endlösung der Judenfrage nicht zum Gesetz geworden, niemals Gesetz gewesen, und eine partielle Aufhebung des § 211 des Strafgesetzbuches ist daher gar nicht diskutabel.

        Dieser Führerbefehl zur sogenannten Endlösung der Judenfrage wurde, wie bereits gesagt, an die SS weitergegeben. Der Befehl richtete sich nicht etwa an die Wehrmacht, auch nicht an die Staatsbehörden oder gar an die Staatsanwaltschaften oder die Gerichte. Sondern er richtete sich an die SS, da man sich darüber einig war, daß allein die SS mit ihrem unbedingten Gehorsam und mit ihrer unbedingten Bindung an den Führer bereit war, dieses Verbrechen zu begehen, ohne nach der moralischen Zulässigkeit zu fragen und ohne die Rechtswidrigkeit dieses Tuns zu berücksichtigen.

        Nur die SS durfte die Ermordung der Juden vornehmen. Tat es zum Beispiel ein Angehöriger der Wehrmacht, so wurde er vor Gericht gestellt und     von den Wehrmachtsgerichten verurteilt. Mögen die Strafen, die damals ausgesprochen worden sind, auch nicht der Tragweite dieser Taten gerecht geworden sein, so steht doch immerhin fest, daß sie von den Gerichten als rechtswidrig erkannt und als rechtswidrige Taten auch verurteilt worden sind. Wir haben also die Tatsache, daß der § 211 des Strafgesetzbuchs keineswegs partiell aufgehoben war, sondern daß die Tötung der Juden weiterhin eine strafbare Handlung blieb und daß lediglich diejenigen SS-Angehörigen, die diese Tötungen auf Befehl Adolf Hitlers vollzogen, von Strafe freigestellt, das heißt einer Strafverfolgung nicht unterworfen wurden.

        Wie steht es nun um die individuelle Schuld dieser Angeklagten? Wäre diese Frage vor 21 Jahren mit umgekehrten Vorzeichen vor dem Standgericht in Auschwitz gestellt worden, sie wäre innerhalb von wenigen Stunden beantwortet gewesen. Denn alle Angeklagten waren in Auschwitz, wo unfaßbare Verbrechen verübt wurden, und sie waren Mitglieder der SS. Das stand vom ersten Tag dieses Prozesses an fest. Dieser Tatbestand aber hätte jenem Standgericht ausgereicht, um die Angeklagten sämtlich für schuldig zu befinden. Aber gerade darin liegt der Unterschied zwischen der rechtsstaatlichen Rechtsprechung und einer sogenannten

[Das Verfahren: 182. Verhandlungstag (19.08.1965). Der 1. Frankfurter Auschwitz-Prozeß, S. 36674 (vgl. AP357.029, S. 0 ff.)]